Die Bouteillen des Barons: Artikel im News-Magazin 18. Juli 2016

Coole Geschäftsidee: Philipp Geymüller, Spross eines Adels- und Winzergeschlechts bei Krems, hat ein Online-Abo für ebenso spannende wie günstige Weine entwickelt

Den eigenen Wein gibt es noch, nur macht ihn die Familie längst nicht mehr selbst. “Die Weingärten der Domäne Baron Geymüller sind verpachtet”, sagt Philipp Geymüller, “mein Vater hat bis 1990 noch selbst in Hollenburg vinifiziert, heute ist der Presskeller des Schlosses zu einer Galerie umfunktioniert, in der wir Kunsthappenings und Ausstellungen zeitgenössischer Kunst machen.” Dass Philipp Geymüller als Spross der Familie sein Glück jetzt auch im Wein sucht, ist also einerseits ganz natürlich, war aber andererseits nicht wirklich vorgezeichnet.

Mit dem exakt gezogenen Scheitel und den makellosen Manieren wirkt der 36-jährige Baron wie der Prototyp eines Aristokraten. Auch das Volkswirtschaftsstudium in St. Gallen und an der noblen London School of Economics passt ins Bild, das man sich vom Nachkommen einer Familie erwarten darf, die einst aus der Schweiz nach Österreich kam, um dem Kaiser als calvinistische Bankiers aus einer – durch die Eroberungszüge Napoleons bedingten – finanziellen Patsche zu helfen, und dafür in den Freiherrenstand erhoben wurde. “Wein ist zum Trinken da, nicht um hochgestochen darüber zu philosophieren” – dieses Motto hat Geymüller auf Schloss Hollenburg sozusagen mit dem ersten Glas mit auf den Weg bekommen. “Beim Essen stand immer Wein auf dem Tisch”, sagt er, “aber er war immer aus der Gegend. Wein aus Frankreich oder anderen Regionen galt tendenziell als teuer und eh überbewertet.” Irgendwann aber ließ es sich nicht mehr vermeiden, dass der junge Mann auch etwas kostete, das von weiter her war – und leider gut. Das wirkte als Startschuss für immer intensivere Beschäftigung mit dem geistigen Getränk, mit regionalen Besonderheiten, Winzerpersönlichkeiten und immer weiter schweifenden Verkostungstouren. “Nur ist die Welt des Weins inzwischen so vielfältig, dass man auch als Weinliebhaber einen ganzen Haufen extrem guten Weins nie kosten wird können, selbst wenn man sich andauernd mit der Materie beschäftigt.”

Trinken ist Kunst

So reifte die Idee, interessierten Weintrinkern entsprechende Kreszenzen zusammenzustellen, die Freude am Flüssigen “zu kuratieren”, wie Geymüller sagt, und einmal im Monat frei Haus zu liefern: “Mittlerweile ist die Vielfalt der Zugänge zum Wein so vielfältig, dass man ohne ein gewisses Maß an Hilfestellung schnell limitiert ist – und am Ende erst recht wieder nur das trinkt, was man eh schon kennt. Dabei gibt es so wunderbare Sachen zu entdecken.” ! Weil Geymüllers Freunde der Freude am guten Leben sehr zugetan, aber keineswegs alle mit dem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen slnd, war der Preis von Anfang an ein Thema. Für drei Monate zahlt man 33 Euro je Kiste, beim Jahresabo schlägt die monatlich neu zusammengestellte Drei-Flaschen-Kombo mit 30 Euro zu Buche; Versand inklusive. Auf der Website werden die Flaschen in witzigen Videos – Geymüller nennt sie “Önogramme” – vorgestellt, weil “manche genauer wissen wollen, was sie da in sich hineingießen”. Im hinteren Bereich des Wiener Theatercafés auf der Linken Wienzeile hat Geymüller überdies eine ziemlich coole Bar installiert, wo die Weine verkostet werden können. Beworben wird die Idee mit einer amüsanten Fotoserie, die die Künstlerin Luise Hardegg (auch aus alter Familie) gestaltet und die, so Geymüller, “natürlich ein bissl auf meine Herkunft anspielt, vor allem aber auf ironische, leichte Art die Lebensfreude transportieren soll, die guter Wein mit sich bringt”. Im ersten Kistl waren es noch heimische Winzer der durchwegs interessanten, Individuellen Sorte: Judith Beck mit ihrem expressiv schlanken “Ink”, Erich Machherndl aus der Wachau mit einem kantigen Grünen Veltliner, Burgenland-Star Claus Preisinger mit seinem “Kalk & Kiesel”. Das aktuelle, ebenfalls von einem Künstler gestaltete, Kistl hingegen ist Weinen aus Spanien und Norditalien vorbehalten, die es bislang noch nie in Österreich zu kaufen gab.